Ich habe das Lesen wiederentdeckt. Lange habe ich nicht mehr gelesen, weil meine Augen nicht mehr mitgemacht haben. Lesen konnte ich nur noch ohne meine Brille, ich musste mir die Schriftstücke ganz nah vor die Augen halten und dann den Kopf, den Zeilen folgend, hin- und herbewegen. Das fand ich mühselig, es nahm mir den Spass an der Sache, und so liess ich es eben für eine Weile sein. Aber dann beschloss ich doch, mir eine Lesebrille anfertigen zu lassen (was bloss hat mich so lange davon abgehalten?). Ich kann keines dieser billigen, vorgefertigten Dinger tragen, die es an Kiosken, in Tankstellen oder bei der Landi zu kaufen gibt. Irgendwie habe ich einen etwas speziellen Sehfehler, der nach einer eigens dafür eingeschliffenen Brille schreit. Jetzt balanciere ich zum Lesen ein rosafarbenes Gestell auf der Nase, das mir ein wenig den Anstrich einer in die Jahre gekommenen Chefsekretärin verleiht. 🥴 Aber zum Lesen brauche ich keine topmoderne Sehhilfe, ich muss bloss die Texte in gemütlicher Haltung entziffern können- und das i.d.R. auch nur Zuhause.
Auf dem Couchtisch liegt gerade das Buch "Altern" von Elke Heidenreich. Ich mag die Frau, ihre unkonventionelle, manchmal etwas "robuste", aber immer sehr ehrliche und ungezierte Art. Achtzig ist sie schon, man mag es kaum glauben.
An diesem Buch bin ich schon seit ein paar Wochen dran. Man- oder zumindest ich!- kann es nicht in einem Zug lesen. Nach ein paar Seiten stauen sich so viele kluge Gedanken zum Altern an, so manches Zitat, das überdacht werden möchte, dass ich immer wieder absetzen und meinem Gehirn diese vielen beachtenswerten Sätze zum genüsslichen Durchkauen vorwerfen muss.
Eine Stelle hat mir besonders gut gefallen. Es ist eine ganz simple Bemerkung, aber ich finde sie essentiell für mich persönlich, die ich ja auch auf dem Weg bin in diesem Abschnitt des Lebens, der sich "Altern" nennt.
Ich lese also in diesem Buch (auf Seite 43, übrigens):
"... dass es nicht wichtig ist, wie ALT man wird, sondern WIE man alt wird!"
Naja, so ganz unwichtig finde ich es nicht, wie alt man wird. Ich würde es schon gerne meiner Grossmutti und meiner Oma nachtun, die im 101. bzw. 90. Lebensjahr die Bühne des Lebens verliessen! Ich lebe von Herzen gern und möchte mein Dasein noch möglichst viele Jahre auskosten. Vorausgesetzt natürlich, ich bleibe einigermassen gesund und die Umstände auf diesem (immer noch so schönen!) Planeten lassen eine lebenswerte Existenz überhaupt noch zu...
Aber zurück zu dieser Aussage.
Absolut unterschreiben kann ich den Teil "...sondern WIE man alt wird".
Es wäre müssig, jetzt eine Abhandlung darüber zu verfassen, wie man das Altern am "erfolgreichsten" hinbekommt. Das kann sich jeder selber ausrechnen- oder man liest unterstützend EH's Buch! Über sich selbst lachen zu können stelle ich mir sehr hilfreich vor - und die Fähigkeit, immer das halbvolle, nicht das halbleere!, Glas wahrzunehmen. Denn der Pegel im (Lebens)Glas geht unweigerlich zurück, daran lässt sich nichts ändern (an dieser Stelle würde ich mir doch gerne etwas Niederschlagsüberschuss wünschen!). Aber solange noch was drin ist im Glas, ist alles gut! 😁
Auf jeden Fall lässt einem das Buch oft schmunzeln. Und es formt und festigt die persönliche, hoffentlich positive Einstellung zum Thema und macht Mut, das eigene Altern als das zu nehmen, was es ist: ein absolut natürlicher Prozess, der das Leben keinesfalls weniger lebenswert machen muss.
Denn wie stellt die Autorin ganz richtig fest:
"Das Meiste
ist vollkommen unwichtig.
Man soll
einfach atmen
und dankbar sein!"