Es gibt vieles in meinem Leben, auf das ich problemlos verzichten kann. Die Natur gehört definitiv nicht dazu. Für mein persönliches Wohlbefinden ist direkter und täglicher Kontakt mit ihr unabdingbar.
Ich meine, es schon erwähnt zu haben: In der Stadt zu leben käme für mich niemals in Frage.
Eine richtig gute Lebensqualität hat für mich viel mit Natur zu tun. Und das hängt nicht alleine davon ab, ob die Sonne scheint oder ob es, wie jetzt gerade, in Strömen regnet. Für mich ist die Natur wie eine uralte, ausgeklügelte Maschine, in der ein Zahnrädchen ins andere greift. Alles in der Natur hat seinen Sinn und seine Aufgabe, grundsätzlich ist alles voneinander abhängig. Wenn man sich die Zeit nimmt zu beobachten, was alleine schon auf einem Quadratmeter Wald oder Weide lebt, dann entschlüsselt sich einem dieses Wunderwerk und man beginnt, die Zusammenhänge zu verstehen.
Die Abläufe in der Natur sind etwas vom Erstaunlichsten, was man sich vorstellen kann. Manchmal legt sie ein atemberaubendes Tempo vor- das erlebe ich gerade bei meinem Kürbis auf dem Miststock. Als die Dicken in den Jura gefahren sind hab ich ein paar dieser kleinen Kürbiskerne gesteckt. Schon nach ein paar Tagen streckten die ersten grünen Triebe sich der Sonne entgegen- inzwischen bedeckt die Pflanze den halben Miststock, und man kann ihr tatsächlich beim Wachsen zuschauen. Sie kommt mir vor wie die Erbsenranke, die sich bis hoch ins Land der Riesen gewunden hat....
Oder die kleinen Schwalben und Rotschwänzchen im Stall. Kaum geschlüpft entwickeln sie sich im Eilzugstempo und hüpfen nach vielleicht 3 Wochen schon aus dem Nest, erkunden die Welt und legen Ende Sommer Wahnsinnsstrecken zurück, um in wärmere Gefilde zu gelangen.
Handkehrum aber braucht unser Ökosystem viel Zeit- gerade wenn es darum geht, sich zu regenerieren.
Das habe ich beispielhaft an unserer Weide erfahren. Übernommen haben wir sie vor 12 Jahren als reine "Monokultur"; es gab nichts als Futtergras, ein paar Blakken und im Frühling etwas Löwenzahn und ein paar Gänseblümchen.
Totes Land aus der Sicht von Insekten und Kleinlebewesen.
Was also tun? Am besten NICHTS. Es hat sich bewiesen, dass man in diesem Fall am erfolgreichsten ist, wenn man der Natur das Zepter überlässt. Wir haben nie gemäht, höchstens ein Mal im Jahr etwas Hühnermistpellets ausgebracht, im Herbst alles einfach verrotten lassen. Einzig die Blakken haben wir geschnitten, denn die werden sonst zur Plage und verdrängen alles andere.
Es hat Jahre gedauert, bis sich das Stück Land vollständig erholt hat. Aber wie! Es ist ein echtes Vergnügen zu sehen, wieviele verschiedene Gräser, Kräuter und Blümchen sich inzwischen angesiedelt haben. Und die Insekten sind zurückgekommen! Ich getraue mich kaum noch, über die Weide zu gehen aus Angst die Grashüpfer totzutreten, die in Scharen vor meinen Füssen hochspringen. Hummeln, Bienen, Falter, Schwebfliegen, Käferchen aller Art- es summt, brummt und krabbelt, dass es eine Freude ist! Sogar eines dieser riesigen grünen Heupferde habe ich letzthin- zum ersten Mal in meinem Leben überhaupt!- auf der Weide entdeckt.
Nun ist der Mensch aber leider seit längerem dabei, viele Zahnrädchen aus dem Natur-Getriebe zu brechen- das Maschinchen rumpelt schon bedenklich. Es ist höchste Zeit wieder ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass die Natur zwar sehr gut ohne den Menschen, der Mensch aber keinesfalls ohne die Natur bestehen kann.
Bei einigen ist dieses Erkennen schon angekommen; in meiner nächsten Umgebung und überall auf dem Planeten ahnen Menschen, dass sie endlich was unternehmen müssen. Weltweit werden voller Elan viele wunderbare Projekte angeschoben, die der Natur wieder auf die Beine helfen sollen.
Jeder Einzelne von uns kann seinen Beitrag leisten. Auch wenn es "nur" ein paar nektarreiche Pflanzen in Töpfen auf dem Balkon sind, oder wenn man seinen Rasen einfach mal einen Monat länger stehen lässt und vielleicht sogar eine Handvoll Wildbumensamen ausstreut.
Eine gute Idee ist es ausserdem, nicht immer alles tiptop aufzuräumen. Einen Haufen Äste und Laub in einer Ecke des Gartens nehmen viele kleine Landschaftsbewohner gerne als Unterkunft und Schutzort an!
Jeder Schritt weg vom "ordentlichen, (vermeintlich) pflegeleichten und praktischen" Garten ist ein Schritt hin zur natürliche(re)n Landschaft.
Der Natur unter die Arme zu greifen kostet etwas Energie und vielleicht ein paar Fränkli, macht aber viel Freude und kann sogar das Fitnessstudio ersetzen. Wenn man seinen Rasen, der dann eine Ökowiese ist, z.B. mit der Sense mäht. Die richtet, notabene, viel, viel weniger Zerstörung an als ein Rasenmäher oder, noch schlimmer, ein Mähroboter. Der mäht nämlich auch gleich noch die Igel tot....
Ich bin mir sicher: wer hier liest, der ist schon auf einem guten Weg! 😊 Und ganz sicher animiert man andere durch das eigene "Vormachen" dazu umzudenken und es auch mal anzugehen.
Übrigens: bei der Bahnwärterin gibt es immer wieder Posts zu naturnahem Gärtnern (und einem nachhaltigen Lebenswandel im Allgemeinen), und Tina befasst sich in ihrem neuesten Post auch gerade mit dem Thema "Insekten". Schaut mal rein und macht mit!
Jeder Einzelne von uns wird davon profitieren.
❤️lichste Hummelzgrüsse!