Gestern beim Reiten.
"Hast du Interesse an einem 10-Kilo-Sack Kartoffeln?" fragt mich mein Reiterlein.
Und schiebt erklärend hinterher: "Ich hab eine Kollegin, auf deren Hof Kartoffeln angebaut werden. Die Grossverteiler nehmen denen aber nur Kartoffeln ab, die einer genau definierten Grösse entsprechen. Auf allem, was grösser ist, bleiben sie sitzen!"
Merci, Pixabay!
Da steigt mir doch gleich mal wieder das Adrenalin ins Blut. Und vor meinem geistigen Auge erscheinen Bilder von ganzen Halden an Früchten und Gemüsen, die vergammeln und entsorgt werden, weil sie keiner haben will. Wie dekadent sind wir eigentlich? Und welcher- entschuldigung!- unterbeschäftigte Schreibtischvollhonk masst sich an zu entscheiden, wie gross eine Kartoffel oder ein Apfel sein darf, wie lang ein Rüebli und wie krumm eine Gurke?
Wir mussten alle noch nie Not leiden- in keiner Art und Weise. Nur so kann ich mir erklären dass wir uns einbilden, ein Recht auf makelloses Gemüse und einwandfreie Früchte zu haben. Jede kleine Delle, jedes braune Fleckchen wird mit Naserümpfen quittiert und das LEBENSmittel wieder in die Kiste zurückgeworfen.
Ich habe mir vor langem schon angewöhnt, eben genau die Produkte einzupacken, die kleine Schadstellen aufweisen. Erstens weil ich weiss, dass sie deshalb nicht weniger gut schmecken- und zweitens, weil sie sonst fortlaufend rigoros aussortiert und weggeworfen werden.
Ein Rüebli ist und bleibt ein wertvolles Naturprodukt, egal ob es dick, dünn, abgebrochen oder sogar verzweigt gewachsen ist. Und was ist verkehrt an einer riesigen Kartoffel?
Der Mensch sollte sich abgewöhnen, an alles Ansprüche zu stellen, die er selber bei Weitem nicht erfüllt....
Es gibt kein "Krüppelgemüse" (alleine schon dieser Ausdruck!). Es gibt nur unangemessene Ansprüche und eine verzerrte (und manipulierte!) Wahrnehmung.
Auf jeden Fall nehme ich natürlich einen Sack Kartoffeln. Und hoffe, dass viele andere es auch tun werden.
🍎 Bon Appétit! 🍅