Sonntag, 24. Juli 2022

WABI SABI

 

Wer mit diesem Ausdruck die sattgrüne, höllisch scharfe japanische Würzpaste assoziiert: das hört sich sehr ähnlich an, ist aber falsch. 😄

Vor einiger Zeit bin ich auf youtube-Videos gestossen, die sich mit der japanischen Wabi-Sabi-Ästhethik befassen- und war gleich fasziniert. 

Wabi Sabi wird definiert als "die Einfachheit und die Wertschätzung der Fehlerhaftigkeit", als die "Hoheit, die sich in der Hülle des Unscheinbaren verbirgt, die herbe Schlichtheit, die dem Verstehenden doch alle Reize des Schönen offenbart".

Knorrige Äste, Roststellen an metallenen Gebrauchsgegenständen, bemooste Felsen oder reparierte Keramik stehen beispielhaft für diese Auslegung. 

Man spricht Defektem oder nicht dem durchschnittlichen Empfinden für Schönheit Entsprechendem nicht seinen Wert ab, sondern stellt die Dinge wieder her und sieht den Zauber im Unvollkommenen. 

Aus diesem Verständnis entwickelten sich Techniken, um Beschädigtes ästhetisch zu reparieren, z.B. Kintsugi, das für die Wiederherstellung von Keramik steht. Man zielt nicht auf eine perfekte Rekonstruktion ab, sondern setzt Risse und wiederhergestellte Teile kunstvoll in Szene. Man betont im Gegenteil die Schäden mit Kittmasse, der Gold-, Silber- oder Platinpulver beigemengt wird

 

 

Im Wabi Sabi geht es aber nicht nur um die Unvollkommenheit der
Dinge. Da es vom Zen-Buddhismus beeinflusst wurde,
beinhaltet es auch den ständigen Fluss des Lebens und die Impermanenz aller Dinge, dass also nichts von ewiger Dauer ist.

Ich finde das einen wunderbaren Ansatz. Gerade in unserer Zeit, wo Selbstdarstellung, Besitz und der äussere Schein so wichtig sind, in der "Höher!Weiter!Besser!MEHR!!" die Maxime zu sein scheint und sich alles stetig in eine zerstörerische, um nicht zu sagen katastrophale Richtung entwickelt.

Auch wenn mir absolut klar ist, dass ein verschwindend kleiner Teil der Menschheit solche Konzepte in sein Leben einbindet, so geben sie mir persönlich doch ein gewisses Mass an innerem Frieden und Ausgeglichenheit. 

Und der kleine, angedütschte Krug, den ich von meiner Mutti geerbt habe, erscheint mir nochmal so wertvoll, wie er es eh'schon war.

 


 

Genussvolle Sommertage

euch allen!

🌞 

 

 

 

Mittwoch, 20. Juli 2022

CARETTE

 

Letzthin gab eine der Schubkarren im Stall ihren Geist auf. Die metallene Unter-konstruktion brach an zwei verschiedenen Stellen, die HH bereits einmal geschweisst hatte, wieder entzwei. Bevor ich jetzt aber losgehen und mir im Laden eine Neue holen wollte, gab ich ein kleines Gratisinserat in unserem lokalen Anzeiger auf:

 

"Wo steht eine unbenutzte, 

stabile Carette? 

Wir hätten Verwendung dafür! 

Kontakt Tel.: xy"

 

 

 

Wie ich schon einige Male feststellen konnte: Diese Inserate werden gelesen- vier Anrufe habe ich erhalten! 

Einer davon kam von einer flüchtigen Bekannten, die eine "zwar 20jährige, aber kaum benutzte Schubkarre" zu vergeben hatte. Wir fuhren gleich am nächsten Tag hoch zu ihr. 

Sie lebt exakt so, wie ich es mir erträume: hoch über dem Dorf ganz im Grünen mit Blick in die Berge ringsum, absolut ruhig gelegen, in einem kleinen Hexenhäuschen mit viel Umschwung und 2 Ställen für ihre Tiere, einer davon neu erbaut. Ein Träumchen!

Auf ihre Reaktion war ich allerdings nicht gefasst als ich sie darauf ansprach, wie wunderbar es sein müsse, hier zu wohnen.

Ich hätte ja keine Ahnung, ereiferte sie sich. Das sei ein Krach hier, nicht zum Aushalten. Nachts müsse man die Fenster geschlossen halten, weil diese Sch****-Kuhglocken so laut bimmelten, dauernd würden hier Autos vorbeifahren (in der ganzen Zeit, in der wir dort waren, fuhr genau EINES das kurvige Strässchen lang!), und überhaupt, seine Nachbarn könne man sich auch nicht aussuchen. Deretwegen habe sie schon die Polizei kommen lassen müssen....

HH und ich schauten uns nur konsterniert an. Wie kann es sein dass jemand, der an einem so wunderbaren Fleckchen lebt, sein Glück nicht erkennt? Denn der Frau gehört das alles; sie hat gut geerbt und braucht sich keine Sorgen zu machen- zumindest keine finanziellen. 

Aber vielleicht ist sie einsam. Vielleicht merkt sie, dass sie sich durch ihre Art, mit andern Menschen umzugehen, viele Sympathien verscherzt- und kann doch nicht über ihren Schatten springen. Oder sie ist aus irgendwelchen Gründen so verbittert, dass sie alles, was sie hat, gar nicht mehr wahrnimmt und geniessen kann. Schon traurig, nichtwahr?

Lange Rede, kurzer Sinn: die Carette haben wir nicht mitgenommen. Die war, entgegen ihrer Aussagen, schon ordentlich benutzt worden, das Rad war total hinüber. Allerdings verlangte sie für das ramponierte Teil tatsächlich noch 80 Franken. Meinen Einwand, dass ich ja noch ein neues Rad kaufen müsse, das um die 30 Franken kosten werde, dass eine baugleiche, nagelneue Carette für 60 Franken erhältlich sei und dass ich ihr deswegen nicht mehr als 20 Franken geben könne, schmetterte sie erbost ab.

"Lieber schmeisse sie das Teil in den Müll, als es für 20 Franken herzugeben!"

Nunja....

Am selben Abend holten wir dann bei einer sehr netten, älteren Dame eine Carette mit Metallwanne in Top-Zustand ab, die sich auch noch darüber freute, dass wieder jemand Verwendung dafür hatte. Ihre Preisvorstellung war mehr als angemessen: Sie wollte 20 Franken haben.....😊 Und sie bedauerte sogar noch, uns keine Erfrischung anbieten zu können, da sie gleich anschliessend verabredet war.

Sollten wir allerdings bei unserem nächsten Besuch auf dem Ökohof auf eine betagte, radlose Carette in der Altmetallmulde stossen, dann wissen wir ja, wo die herkommt! 😄


Happy Summerdays,

meine Lieben!

🌴🌞🌴

 
 

Donnerstag, 14. Juli 2022

GRANNY MOCHI

 "Was ist der beste Weg, ein Leben zu leben?" fragt die Reporterin.

Einen Moment lang überlegt Granny Mochi. "Meine Güte- wenn es dafür nur ein Lehrbuch gäbe..." meint sie dann.

"Wenn du es in deinem Alter noch nicht weisst", lacht die Reporterin, "dann gibt es für mich keine Hoffnung!"

"Unwissenheit kann Glückseligkeit sein!" pariert Granny Mochi und lächelt verschmitzt.



Habt ihr ein bisschen Zeit? Dann lege ich euch diese Dokumentation sehr ans Herz. Sie passt so gut zu meinem letzten Post und erzählt die Geschichte von Granny Mochi.

95 Jahre ist sie inzwischen alt, sie kann es selber kaum glauben. Mit einer unerschöpflichen Ruhe und Ausdauer stellt sie immer noch jeden Tag Mochis her- diese süssen, japanischen Reiskuchen. Sie geht unermüdlich immer wieder in die Natur, um Bambusblätter zu pflücken, die sie gründlich wäscht und trocknet, um dann mit flinken Fingern die Mochis darin einzuwickeln. Und auch wenn sie manchmal müde ist und der Rücken schmerzt, wenn der Sohn sie schilt weil er denkt, dass das alles zuviel ist für sie- Granny Mochi macht weiter. Mit einem Lächeln auf den Lippen und dem Wissen, dass alles gut ist so, wie es ist.

Ein zauberhafter Film über eine zauberhafte alte Dame, und ja:  

"Granny Mochi has lessons to share". 

Darüber, wie man ein Leben dankbar, aufmerksam und umsichtig leben kann. 

Bei der Szene mit dem kleinen Altar am uralten Baum im Wald kamen mir tatsächlich die Tränen...

Schon meine Grossmutti und meine Oma haben mir die Bange vor dem Altwerden genommen.

Granny Mochi ist ein weiteres wunderbares Beispiel dafür, dass auch im hohen Alter ein erfülltes und zufriedenes Dasein möglich ist.

 

 

PS: Auf NHK World-Japan findet ihr noch viele, viele grossartige Dokumentationen!


 

 

 

 

 

Sonntag, 10. Juli 2022

SONNTAGSFUNDSTUECK

 
 
"Die Wahl der Stille
inmitten des Chaos
ist der Weg zu einem Leben
in Frieden"
 
Diesen Satz habe ich heute gelesen, und er drückt so genau das aus, was ich in (m)einem Leben als absolut essentiell empfinde.
Wir sind uns sicher einig: noch nie war um uns herum so viel Unruhe und Unsicherheit wie in den letzten Jahren. Und so wie es sich darstellt, wird sich daran so schnell nichts ändern.
Da erweist es sich für mich persönlich als opportun, dass ich meine Erfüllung schon immer in dem finde, was einfach da ist: die Natur, meine Tiere, meine Gedanken. Dass ich die Fähigkeit habe zu beobachten und das Schöne im Kleinen zu erkennen. Dass einfache Beschäftigungen mich zufrieden machen und dass ich mir selbst genüge. 
 
Da kann ein Gang durch den Garten in aller Ruhe am frühen Morgen schon zum erfüllenden Start in den Tag werden. Es gibt so viel zu bestaunen dort! Alleine diese kleine, dicke Hummel aufs Bild zu bekommen verlangte mir einiges an Geduld ab. Auch wenn man ihnen andichtet, dass sie nach physikalischen Gesetzen eigentlich gar nicht fliegen können sollten: sie sind schnell. Auf jeden Fall schneller als das Zoom unseres Fotoapparates.... 😄
 
 
 
Ich erkenne jeden Tag mehr wie gut es mir tut, das Leben einfach passieren zu lassen. Meinen Radius klein zu halten, dafür aber das, was sich darin befindet, zu pflegen und wertzuschätzen. Mich nicht zu verzetteln, sondern den Fokus auf das zu richten, was mir wichtig ist.
 
Dann kommt auch die Ruhe, die wir alle so nötig haben, von ganz alleine. Und mit ihr der eigene, kleine, innere Frieden.
 
So. Und jetzt setze ich mich mit einem Tee auf die Loggia und lausche den feinen Klängen des Windspiels. Es ist Sonntag, die Sonne lacht, ein warmes Lüftchen weht...
 
...la vie est belle!
 
🌸
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


 

Donnerstag, 7. Juli 2022

SUMMER IN THE CITY!

  

Jeden Sommer sicher ein Mal treffe ich mich in Luzern mit meiner Freundin Barbara. In dieser Jahreszeit hat die Stadt ein ganz besonderes Flair- die alte Kapellbrücke, der See, die Berge, die Schiffe- sie erfüllt jedes Postkartenidyll! 

Wir hatten uns heute schon morgens um 9 verabredet zum Brunchen. Ich fuhr mit dem Zug hin und genoss die Fahrt durch unsere wunderbare Landschaft. 

(Schöne Geschichte am Rande: als ich in Luzern am Perron stand und auf Barbara wartete, steuerte mich eine ältere Dame zielstrebig an. "Entschuldigen sie", richtete sie das Wort an mich, "ich wollte ihnen nur sagen, dass sie ein sehr hübsches Kleid tragen!" Sprachs, strahlte mich an und verschwand in der Menge. Ist das nicht herzig??)

 

Es war herrliches Wetter, noch sehr angenehm, was die Temperaturen betraf, und ich hatte im "Café de Ville" am Schwanenplatz auf der Terrasse reserviert. Von dort hat man einen herrlichen Blick über das ganze Seebecken und die Reuss.


Merci, Pixabay!


Der Brunch hat lecker geschmeckt, wir haben über Manitou und die Welt geplaudert, gelacht und uns bestens unterhalten. Solche "Meitlitage" müssen ab und zu einfach sein!

Die Stadt ist gerade richtig gemütlich- nicht zuletzt auch, weil jetzt viel weniger Touristen unterwegs sind als in früheren Jahren. Wir haben keine Horden laut plappernder Asiaten gesehen, die einem bunten Regenschirm hinterherrennen, und auch in den schönen, alten Gassen ging es viel ruhiger zu und her. Ich denke, die Einwohner von Luzern werden sich drüber freuen, denn da hatte sich in der Vergangenheit schon langsam Wiederstand geregt (wir kennen das ja auch von Barçelona oder Venedig). Obwohl die Stadt vom Tourismus lebt, bringt der halt leider auch viel Negatives mit sich. Konzeptanpassungen scheinen unausweichlich zu sein für die Zukunft. Damit auch die glücklich und zufrieden sind und bleiben, die das ganze Jahr dort leben....

Nunja. Wir statteten unserem Lieblings-Fairtradeladen noch einen Besuch ab, ich gönnte mir eine Kugel Tiramisu-Glacé, und dann machten wir uns auf den Weg nach Hause. Gerade zur richtigen Zeit, denn hin zum Berner Oberland begannen sich schon dunkle Wolken aufzutürmen. 

 

Schön wars! 

Und gehört zu einem "richtigen" Sommer einfach dazu.

☀️☀️☀️

 

 




Sonntag, 3. Juli 2022

HALBZEIT!

 Woche 26. Hei-ei-ei!

 

🌾GESCHAFFT:

frühmorgens, bei noch sehr angenehmen Tempis und schönstem Wetter, haben HH und seine Kumpels 5 Tonnen Heu auf den Heuboden gestapelt. Das sind so die kleinen "Meilensteinchen" im Jahr, die auch "Sommer" bedeuten: Die Dicken in den Jura fahren, Heu und Einstreu stapeln, Zäune reparieren, Stall auf Vordermann bringen. Solche wiederkehrenden Tätigkeiten strukturieren ausserdem die Zeit; ohne würde sie gefühlt immer noch irrer an einem vorbeirasen....Und sie sorgen für das gute Gefühl, "wieder was geschafft zu haben".

 

                x2!

 

🎷🎺 GEHÖRT/GESEHEN:

Schon vom KKL in Luzern gehört? Im akkustisch grandiosen Konzertsaal dieses modernen Kultur- und Kongresszentrums (erbaut nach den Plänen von Jean Nouvel) genossen wir gestern den Film "Brassed off", der vom 21th Century Orchestra und der Original "Grimethorpy Colliery Band" live begleitet wurde. Mein Daddy hatte dazu eingeladen- es war ein Erlebnis erster Güte! 

Im Film geht es um "Bergleute, die zum Ausgleich für ihren Knochenjob eine Brass Band betreiben. Doch als die Zeche aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden soll, droht die Band auseinanderzufallen. Irgendwie schafft es die Kapelle aber trotzdem, an einem Wettbewerb in der Londoner Royal Albert Hall teilzunehmen- und gewinnt."

 

 

Ein ebenso rührendes wie kritisches Werk über die Lage in den vom Stellenabbau bedrohten Bergbaustädten im England des ausgehenden letzten Jahrtausends.

Die grossartigen Musiker ernteten immer wieder spontanen Szenen-Applaus und zum Schluss frenetische Standing ovations- man muss kein Brassband-Fan sein, um sich für dieses Event begeistern zu können!

 

🍲 GEKOCHT:

Sommerliche Temperaturen verlangen nach einer leichten Ernährung. Im Moment ist das Angebot an Gemüsen und Früchten herrlich- da fällt es wirklich leicht, was Feines auf den Tisch zu zaubern!

Wie etwa neue Kartöffelchen mit verschiedenen gegarten Bohnen an einer fruchtig-frischen Vinaigrette, dazu gedünstete Kirschtomaten und Fetawürfel. Einfach, lecker und unkompliziert!

 


 

Zum Znacht rühren wir uns jetzt gerne ein Birchermüesli aus Flocken, Kernen und Samen, frischen Früchten und Joghourt an. Das hat dann nichts mehr zu tun mit dem Ur-Müesli nach Bircher-Benner (Flocken, Wasser, Apfel-ferddisch), ist aber so richtig schmackhaft, sättigend und gesund. Und der Darm freut sich!

 

🐛 GESCHLÜPFT:

Das erste Tagpfauenauge hat sich seiner Puppe entledigt und ist ausgeflogen! Es war die Raupe, die bis auf den Heuboden gekrabbelt war (fragt mich nicht, wie sie das unbeschadet geschafft hat!) und sich dann im Eimer mit dem Katzenstreu-Vorrat verpuppt hatte. Als ich den geschlüpften Schmetterling frühmorgens dort entdeckte, trug ich ihn vorsichtig an die frische Luft. Grade als ich ihn mit dem Handy fotografieren wollte, breitete er seine Flügelchen aus und flog davon. Ein wunderschöner Anblick!

Die Nesseln übrigens, die nur noch aus nackten Stängeln bestanden, haben inzwischen wieder frische, saftiggrüne Blätter. Unglaublich, wie schnell die sich regenieren.

Und die Schwalben brüten schon zum 2ten Mal, während sie immer noch die Jungen der ersten Brut (die zwar ausgeflogen sind) zufüttern. Ist ordentlich was los in der Hütte! 😊

 

Kommt gut 

in die neue 

 Sommer🌞woche!