Folgendes: Es war mal wieder ein Coiffeurbesuch nötig. Mein wilder Schopf stand in alle Richtungen und war kaum noch zu bändigen.
Schon lange hegte ich den Gedanken, den Coiffeur zu wechseln. Nicht, weil meine bisherige Coiffeuse was falsch gemacht hätte, en contraire. Aber ich hatte einfach keine Lust mehr, jedes Mal durch den halben Kanton zu fahren. (Okay, unser Kanton ist jetzt nicht soooo gross. Trotzdem.)
Also ecosiate ich mal, was in unserm Dorf inzwischen so los ist in Bezug auf Coiffeursalons. Und stiess auf einen Barber-Coiffeur, von dem ich noch nie gehört hatte. Die Bilder seines Salons hatten mich sofort am Schopf (höhö...):
Winzigklein, mit nur 2 dieser altmodischen, ledergepolsterten, mit Fuss-Stützen versehenen Stühlen- und herrlich nostalgisch eingerichtet. Gerahmte Fotos von gut frisierten, bärtigen Herren an der Wand, Kerzenständer auf den Fensterbrettern, ein wunderschönes Biedermeiersofa am Eingang. Und: ein grosses Cheminée mitten im Raum. Mit einer antiken Kaminuhr obendrauf.
Also fasste ich mir ein Herz und vereinbarte einen Termin. Heute wars soweit. Das Haus, in dem der Salon im Parterre liegt, ist auch von aussen eine Schau. Eines dieser wunderschönen alten Häuser, wie es sie früher viele gab hier, von denen die meisten aber solchen quadratisch-praktisch-hässlich-Bauten weichen mussten. Perfekt restauriert, so wie sich das gehört und wie es früher mal war. Ein Träumchen.
Ich kam gar nicht dazu, die Eingangstür selber zu öffnen; gerade, als ich nach dem Knauf greifen wollte, riss sie jemand von innen auf und schmetterte mir ein herzliches "Willkommen!" entgegen. Ein elegant gekleideter Mensch in Hemd, Kravatte, todschickem Gilet und gutsitzenden Hosen stand vor mir. Das glänzendschwarze Haar zur perfekten Tolle frisiert, den Bart (natürlich!) akkurat gestutzt und den lange Schnäuzer kunstvoll hochgezwirbelt. Die Augen hinter der kleinen Brille blitzten fröhlich.
Im Salon selber empfing mich die wohlige Wärme eines knisternden Feuers im Cheminée, es roch nach Harz, Kerzenwachs und nach diesen klassischen Haarwässerchen, etwas altmodisch und doch sehr angenehm.
Ich kanns nur so beschreiben: ich war geflasht. Der Mensch war mir sofort sympathisch, der Salon fühlte sich an wie ein Zuhause. Und ich entschied, meinen Schopf einfach vertrauensvoll in die Hände dieses Figaros zu legen. Ein paar Eckdaten genügten (an der Stirn kürzer, an den Seiten auch, alles in allem viel kecker bitte!). Und los gings.
Ich kann euch sagen: ich sass geschlagene 1 1/2 Stunden im Sessel. Wir palaverten, wie wenn wir alte Freunde wären. Und ich merkte: da steht einer, dessen Lebensphilosophie meiner extrem ähnlich ist. Nachdem wir uns ein wenig "abgeklopft" hatten merkten wir sehr schnell, dass uns die gleichen Themen umtreiben.
Wir haben uns köstlich unterhalten. Und schlussendlich war auch mein Wildwuchs zu meiner vollsten Zufriedenheit gebändigt. (Zu einem Preis notabene, der mich fast umgehauen hat. Im positiven Sinne. Ich hab dann noch ordentlich Trinkgeld gegeben....).
Bemerkenswertes Detail ausserdem: man kann nur bar bezahlen. 😊
Fazit: ich fürchte, ich muss jetzt alle 2 Wochen zum Figaro! 😂